Merkmale
Das Echte Labkraut ist mit dem Waldmeister, dem Färber-Meier und mit dem Färber-Krapp verwandt. Diese gehören zwar unterschiedlichen Gattungen an, zählen aber alle zur Familie der Rötegewächse. Gemeinsames Merkmal ist ein Rhizom mit rot färbenden Bestandteilen. Das Echte Labkraut bildet Ausläufer, die über der Erde oder unterirdisch verlaufen können. Mit diesen ist auch eine vegetative Vermehrung möglich. Der aufsteigende bis aufrechte Stängel ist nur kurz behaart und am Grund im Querschnitt rund und mit vier stumpfen Leisten versehen. Acht bis zwölf Blätter bilden jeweils einen Quirl. Die einnervigen Blätter sind schmal-lineal, sie sind nur ein bis zwei Millimeter breit und bis zu drei Zentimeter lang. Die Blüten haben einen Durchmesser von zwei bis drei Millimeter, sie bilden rispige Blütenstände und duften intensiv süßlich nach Honig. Dies lockt Bestäuber wie Bienen, Fliegen und Käfer an. Die vier Kronblätter sind leuchtend gelb gefärbt, ebenso die vier Staubblätter und der Griffel mit den beiden kopfartigen Narben. Es entstehen glatte, zweiteilige Spaltfrüchte, die durch Ameisen oder durch Wiederkäuer verbreitet werden.
Geschichte
Das Echte Labkraut ist eine alte Färberpflanze der Kelten. Es wird noch heute in Schottland und Irland zum Färben eingesetzt. Beim englischen Chesterkäse ist es für die starke Färbung und den typischen Geschmack verantwortlich. In Dänemark dient das Kraut zur traditionellen Herstellung des Kräuterschnapses Bjaesk. Das getrocknete Kraut riecht wegen seinem Cumaringehalt heuartig. Eingebunden in Stoffbeutel verwendete man es zum Vertreiben von Flöhen. Hieronymus Bosch und Leonhart Fuchs bezeichneten die Pflanze im 16. Jahrhundert als „Unser Lieben Frauen Bettstroh". Nach einer alten Legende wurde das Kraut im Stroh in der Krippe des Jesuskindes verwendet. In England nennt man das Echte Labkraut noch heute offiziell „Lady's bestraw“. Es könnte sich auch darauf beziehen, dass es früher üblich war, dass man schwangere Frauen auf Bettstrohkissen legte, die mit wohltuenden Kräutern und Stroh gefüllt waren.
Verwendung für die Käseherstellung und in der Volksmedizin
Die in der Pflanze enthaltenen Labenzyme wurde früher zur Gerinnung der Milch und damit zur Käseherstellung eingesetzt. Dazu werden die rispigen Blütenstände zerkleinert und in 40 °C warmes Wasser gelegt. Zwischendurch wird der Ansatz umgerührt oder geschüttelt. Nach mehreren Stunden filtriert man die Flüssigkeit durch ein Baumwolltuch. Im Filtrat sind nun die aktiven Enzyme enthalten, die Eiweiß spalten können. Gibt man dann das so gewonnene Lab zu warmer Milch, wird die Gerinnung beschleunigt.
In der Volksmedizin verwendete man einen Teeaufguss als harntreibendes Mittel und bei Magen-Darm-Verstimmungen. Man legte das Kraut auch auf Wunden und setzte es bei Hautkrankheiten ein. Gelegentlich benutzte man die Blüten zum Gelbfärben von Getränken. Cumarin steht im Verdacht, Leber- und Nierenschäden oder Tumore auszulösen, daher ist bei der innerlichen Verwendung Vorsicht geboten. In den Gärten ist das Echte Labkraut häufig als Zierpflanze anzutreffen. Es ist eine Futterpflanze für Schmetterlingsraupen, zum Beispiel für das Taubenschwänzchen.
Farbstoffe und Färbetechniken
Die Blüten enthalten als geblfärbende Bestandteile Flavonoide wie Luteolin oder Apigenin. Für das Gelbfärben streift man die Blüten ab und kocht sie 15 Minuten lang im Wasser. In dem gesiebten Farbstoffextrakt lässt sich mit Alaun vorgebeizte Wolle gelb färben. Durch die Zugabe von wenig Kalk beim Färbevorgang erreicht man ein intensives Gelb, das sogar in seiner Intensität das Gelb der Reseda übertrifft.
Das Rhizom enthält Alizarin, Rubiadin, Lucidin, Purpurin und Hydroxyanthrachinon, sowie Vorstufen von einigen dieser Farbstoffe. Die Konzentration der Farbstoffe im Rhizom ist im Spätherbst oder im Frühling direkt vor dem Austrieb am höchsten, solange keine oberirdischen Pflanzenteile vorhanden sind. Das Färben erfolgt wie beim Färberkrapp. Mit Alaun vorgebeizte Wolle färbt sich braunrot bis orangerot. Das Rot wird umso besser, je mehr man die braune Rinde entfernt. Zum Färben werden die kleingehackten und luftgetrockneten Rhizome über Nacht in Wasser eingeweicht, dabei findet neben der Extraktion auch eine Fermentierung, bzw. Aktivierung der Farbstoff-Vorstufen statt. Am nächsten Tag wird kurz aufgekocht und dann bei 70 bis 80 °C konstant gehalten, bis alle Farbstoffe gelöst sind. Die Färbung erfolgt nach dem Absieben der Pflanzenreste bei der gleichen Temperatur. Allerdings ist das Rhizom des Labkrauts nicht so ergiebig wie das Rhizom des Färberkrapps.
Fotos zum Echten Labkraut
Vergleich mit anderen Arten
Es existieren weltweit mehr als 600 Labkraut-Arten aus der Gattung Galium. Von der Art Galium verum existieren mehrere Unterarten. Die anderen in Mitteleuropa wild wachsenden Arten wie das Wiesen-Labkraut blühen aber alle weiß (oder hellgelb). Das Gewöhnliche Kreuzlabkraut Cruciata laevipes Opiz hat ähnliche, vierzählige Blüten. Dieses zählt zur Gattung der Kreuzlabkräuter Cruciata. Der Frühblüher wächst in Wäldern, an Waldrändern und in Auenwäldern. Die Blätter, der Stängel und die Blütenstiele dieser Art sind deutlich behaart. Die breit-lanzettlichen Blätter bilden einen vierzähligen Quirl.
Fotos zum Gewöhnlichen Kreuzlabkraut