Der Färber-Krapp ist auch unter den Namen Echte Färberröte oder einfach nur als Krapp bekannt. Krapp gehört wie das Labkraut und der Färbermeister zur Familie der Rötegewächse. Diese sind an ihrem rotem Rhizom, das einen roten Farbstoff enthalten, zu erkennen. Der vierkantige, aufsteigende Stängel des Färber-Krapps ist wie die Blattränder mit rückwärts gerichteten, kleinen Stacheln versehen und fühlt sich rau an. Damit und mit ihren am Blattrand fein gezähnten Blättern kann sich die Pflanze an Aufsteighilfen oder an Mauern festhaken. Die ledrigen Blätter stehen zu viert bis zu sechst in Quirlen am Stängel, ihre Form ist eiförmig-lanzettlich. Die fünfzähligen, zwittrigen Blüten bilden eine lockere Rispe als Blütenstand. Ihr Durchmesser beträgt nur drei bis vier Millimeter. Die Kronblätter sind grüngelb und bilden einen kleinen Trichter mit zugespitzten, ausgebreiteten Zipfeln. Die fünf Staubblätter mit den gelben Staubbeuteln überragen den zweigeteilten Griffel. Es entstehen steinfruchtartige, dunkelbraune bis schwarze Früchte von der Größe einer Erbse.
Geschichte
Das Verbreitungsgebiet des Färber-Krapps befindet sich in Mittel-, Süd- und Südosteuropa, sowie in Kleinasien, im Kaukasus, in China, in Japan, in Mexiko und in Südamerika. In Mitteleuropa ist der Färber-Krapp aus Kulturen teilweise verwildert. In der Schweiz gibt es kleinere natürliche Bestände im Kanton Wallis, in Deutschland kommt er in Bayern, Hessen, Rheinland-Pfalz, Sachsen und Thüringen vor, in Österreich in der Steiermark und im Burgenland.
Der Färber-Krapp ist neben dem Färber-Indigostrauch eine der am frühsten verwendeten Pflanzen zur Gewinnung von Farbstoffen. Im Grab des ägyptischen Herrschers Tutanchamun um 1337 vor Chr. lassen sich Spuren des roten Farbstoffes Alizarin auf einem Gürtel nachweisen. Schriftliche Aufzeichnungen über die Verwendung von Krapp finden sich auch bei den Griechen und den Römern. Die Verwendung von Krapp In Mitteleuropa ist seit dem 5. Jahrhundert belegt. Im 15. Jahrhundert lag das Zentrum des Krappanbaus in den Niederlanden. In ganz Europa entwickelte sich ein Handel mit den rot gefärbten Textilien und Ledern. Besonders berühmt war das Corduanleder aus Cordoba. Selbst die Wikinger färbten ihre Stoffe mit dem Farbstoff.
Bei Gemälden aus dem 15. und 16. Jahrhundert ist die Verwendung des Pigments Krapplack nachweisbar. Diesen erhält man beim Fixieren des Farbstoffs auf einem weißen Trägermaterial wie Gips oder Ton. Der Krapplack in alten Gemälden ist heute ausgebleicht, so dass helle Stellen sichtbar sind.
Größte Berühmtheit erlangte jedoch ein Färbeverfahren der Türken: Durch einen komplizierten Färbevorgang erreichten sie ein feuriges Rot von außergewöhnlicher Farbechtheit, das sogenannte „Türkischrot“. Türkische Einwanderer lüfteten das Geheimnis des Verfahrens im 17. Jahrhundert in Frankreich und verhalfen dem elsässischen und provenzialischen Krappanbau zu einer neuen Blüte. In Deutschland wurde Krapp in Baden, in Württemberg, in der Pfalz, in Mecklenburg, in Schlesien und in Österreich angebaut.
Ab 1871 kam der Krappanbau in Bedrängnis. Den deutschen Chemikern C. Graebe und C. Liebermann war im Jahr 1869 erstmals die künstliche Herstellung von Alizarin gelungen. Das synthetische Alizarin kam 1871 zu einem wesentlich günstigeren Preis als das natürliche in den Handel. Dadurch war der Anbau des Färber-Krapps für die Krappbauern nicht mehr rentabel. Am Ende des 20. Jahrhunderts wurde die Pflanze für Textilfärbungen mit Naturfarbstoffen wieder neu entdeckt.
Toxikologie und Verwendung als Heilpflanze
Die Inhaltsstoffe der Wurzeldroge wurden früher bei Nieren- und Harnsteinen eingesetzt. Dabei färbte sich der Urin rötlich. Allerdings ist diese Anwendung heute nicht mehr erlaubt, da das Rhizom gesundheitsgefährdende Stoffe enthalten kann.
Farbstoff und Färbetechniken
Der orangerot färbende Farbstoff Alizarinrot befindet sich im Rhizom. Zum Färben weicht man das getrocknete Rhizom, die Krapp„wurzel“, einen Tag vorher im Wasser ein. Dabei wandeln sich über Nacht die noch enthaltenen Farbstoff-Vorstufen um. Am nächsten Tag wird das Bad kurz aufgekocht, und dann etwa eine Stunde bei einer Temperatur von 70 °C bis 80 °C konstant gehalten. Das Färben der Wolle erfolgt nach dem Absieben des Pflanzenmaterials bei dieser Temperatur. Geht man mit der Temperatur darüber, wird die Farbe nicht rot, sondern etwas bräunlicher. Damit die Färbung gleichmäßig gelingt, sollte das Färbegut gelegentlich bewegt werden. Bei der Verwendung von Alaun als Beizmittel entstehen orange bis orangerote Farbtöne auf der Wolle, beim Beizen mit Weinstein geht die Farbe mehr ins Gelborange. Eisensalze führen zu gelblichen bis bräunlichen Nuancen. Wenn man ein sehr sattes, aber eher dunkles Orangerot erreichen will, färbt man die Wolle zweimal hintereinander. Werden beim Herstellen des Färbebads zum Krapp noch Cochenilleläuse dazugegeben, geht die Färbung deutlich mehr ins Rot.

Alizarin-Molekül
Beim Ausfällen des Farbstoffes zusammen mit anorganischen Salzen erhält man einen Farblack. Dabei entstehen Komplexe, die farbstärker sind wie der ursprüngliche Farbstoff. Wurzelkrapplack wird aus dem natürlichen Farbstoff gewonnen. Alizarinkrapplack erhält man durch die Verlackung von synthetischem Alizarin mit Aluminium- und Calciumsalzen. Krapplack wurde früher häufig in Künstlerfarben verwendet. Alizarin ist ein typischer Anthrachinon-Farbstoff. Erfolgt seine Verlackung mit Magnesiumsalzen, erhält man Alizarinviolett. Dieser intensiv violett gefärbte Farblack ist relativ lichtbeständig, auch wenn die Beständigkeit moderner Pigmente nicht ganz erreicht wird. Alizarinviolett eignet sich in besonderem Maße zur Herstellung von Lasurfarben in Öl-Tempera-Mischtechnik. Das Violett ist von besonderer Intensität.
Vergleich mit anderen Arten
Färber-Krapp kann mit anderen Pflanzen-Arten aus der Gattung Krapp oder Färberröte verwechselt werden, zum Beispiel mit dem Kletten-Krapp Rubia peregrina L., der auch Wilder Krapp oder Levantinische Krappwurzel genannt wird. Diese Pflanze ist aber in Deutschland, Österreich und in der Schweiz kaum anzutreffen. Es handelt sich um eine Kletterpflanze, die eher in Wäldern und Heckenlandschaften wächst, zum Beispiel am Mittelmeer, in Frankreich und Großbritannien oder auf den Kanarischen Inseln. Indischer Krapp Rubia cordifolia L. wächst in Asien, Nordaustralien und Westafrika. Diese Pflanze hat breitere Blätter, die liegenden Stängel werden bis zu zehn Meter lang.
Fotos
Darstellungen in alten Büchern
Die in London geborene Zeichnerin und Kupferstecherin Elizabeth Blackwell (1699–1758) gab in den Jahren 1737 und 1739 ein zweibändiges Werk mit handkolorierten Kupferstichen über die Pflanzen heraus. Dieses wurde aufgrund der hohen Qualität unter dem Namen „Blackwellisches Kräuterbuch" weltbekannt. Besonders die Darstellungen der Färberpflanzen haben bis heute überdauert. Ab 1747 folgte eine deutschsprachige Ausgabe mit fünf Bänden, zu denen 1773 noch ein Ergänzungsband hinzukam. Das Originalblatt befindet sich im Besitz des Autors, der auch die Reproduktion daraus erstellte.
Die Hausbücher der Mendelschen und Landauerschen Zwölfbrüderstiftungen beschreiben alle wichtigen Handwerksberufe vom 15. bis zum 19. Jahrhundert. Darin enthalten sind mehr als ein Dutzend Darstellungen der Färber und Gerber. Die erste Abbildung zeigt den Färber Conrad Burck beim Färben mit Krapp, auf der zweiten Abbildung daneben ist der Färber Hans Schramm beim Blaufärben zu sehen, er trägt eine mit Krapp gefärbte Schürze. Die beiden Originale befinden sich in der Stadtbibliothek im Bildungscampus Nürnberg, sie stammen aus dem Hausbuch der Landauer Zwölfbrüderstiftung 1, Amb. 279,2°, Folio 47 verso (1563) und aus dem zweiten Mendelschen Hausbuch, Amb. 317b.2°, Folio 187 verso (1689).