Reseda, Färber-Wau  Vierzählige Blüte Heilpflanze Schutzstatus!
Reseda luteola L.
Juni bis September, 50 bis 150 cm
Resedagewächse Resedaceae

Standort 

Liebt trockene, nährstoffreiche Böden und viel Licht; Wegränder, Schuttplätze, Weinberge, Bahndämme.

Lebensdauer
Ein- bis zweijährige Pflanze.

Verwechslung
Gelbe Reseda (kleinere Pflanze, Blätter geteilt, Blüten sechszählig, Kapselfrucht länglich).
Bild vergrößern!LupeGruppe mit Blütenständen und Blättern.
LupeRosette im ersten Jahr.
Merkmale
Geschichte
Verwendung
Färben
Artenvergleich
Fotogalerie
Beschreibung
Merkmale

Die Pflanze aus der Gattung Wau (auch Reseda) ist auch unter den Namen Färber-Wau oder Färber-Reseda bekannt. Aus der im ersten Jahr grundständig sitzenden Blattrosette wächst ein steifer Stängel, der sich weiter oben verzweigt. Die lineal-lanzettlichen Blätter sind ungeteilt. Die Blätter der Blattrosette erscheinen gewellt, im zweiten Jahr sitzen diese wechselständig und spiralig am Stängel. Die kurz gestielten Blüten bilden langgezogene, traubige Blütenstände. Die Blüten sind vierzählig und enthalten (meist) vier gelbgrüne Kelchblätter, vier hellgelbe Kronblätter und zahlreiche gelbe Staubbeutel. Das oberste Kronblatt hat vier bis fünf Zipfel, die seitlichen sind dreizipfelig. Im September entsteht ein Fruchtstand mit vielen Kapselfrüchten. Diese erscheinen kugelig mit einem Durchmesser von drei bis vier Millimeter. Darin sind sehr viele, winzige, dunkelbraune bis schwarze Samen enthalten. Diese werden durch den Wind oder durch Ameisen verbreitet.


Geschichte

Die ursprüngliche Heimat der Pflanze liegt am Mittelmeer und in Westasien, seit mindestens 10000 Jahren trifft man sie auch in Mitteleuropa an. Die Samen der Pflanze konnten in den jungsteinzeitlichen Uferbausiedlungen (um 8000 vor Christus) in der Schweiz bei Robenhausen am Pfäffikersee nachgewiesen werden. Es ist zu vermuten, dass der Färberwau wie Krapp und Indigo schon sehr früh zum Färben verwendet wurde. Vermutlich nutzten auch die Römer den gelben Farbstoff zum Färben ihrer Hochzeitsgewänder. Erste schriftliche Anleitungen zum Färben mit Färberwau sind aus dem 8. Jahrhundert nach Christus aus Rezepten für Handwerker in Süditalien bekannt. Im 17. Jahrhundert gab es große Anbaugebiete in Südengland, die Pflanze wurde vor allem in den Londoner Färbereien verarbeitet. In Deutschland waren in Thüringen, Sachsen, Bayern und Württemberg Resedafelder zu finden.


Verwendung als Heilpflanze und Nutzpflanze

Der Name Reseda bezieht sich auf das lateinische Wort resedare („heilen“). Dies weist darauf hin, dass die Reseda nicht nur als Färberpflanze, sondern auch als Heilpflanze eingesetzt wurde. Die Römer setzten die Wirkstoffe der Pflanze als Beruhigungsmittel bei Schlafstörungen und zur Schmerzlinderung ein. Die Wurzeln der Reseda wurden in der Medizin als harn- und schweißtreibendes Mittel verwendet. Aus den Samen kann ein Öl gewonnen werden, dass in der Malerei zur Herstellung von Firnissen dient.


Farbstoff und Färbetechniken

Der gelb färbende Farbstoff Luteolin befindet sich überwiegend in den oberen, blühenden Zweigen. In reiner Form bildet das Luteolin kleine, gelbe, glänzende Kristalle, die sich im Wasser schwer und in Soda, Pottasche und Ammoniaklösung mit tief gelber Farbe lösen. Luteolin gehört wie viele andere gelbe Pflanzenfarbstoffe zur Familie der Flavonoide. Der Farbstoff gilt als der beständigste gelbe Pflanzenfarbstoff. Lichtecht und dauerhaft haltbar ist er jedoch nur auf reiner Seide. Baumwolle ist dafür weniger geeignet.

Luteolin-Molekül

Luteolin-Molekül.

Sobald Stängel, Blätter und Kapseln eine gelbliche Färbung annehmen, beginnt die Ernte. Die Pflanze wird vorsichtig aus der Erde gezogen und zu Garben zusammengebunden. Diese werden vorsichtig getrocknet und bei Bedarf gehäckselt. Das getrocknete Kraut wird zuerst in einem Färbetopf mit Wasser aufgekocht. Im Gegensatz zu den Färbungen mit Krapp benötigt man wesentlich mehr Pflanzenmaterial. Danach wird der Extrakt zum Entfernen des Pflanzenmaterials durch ein feines Sieb geschüttet. Das Vorbeizen der Seide oder der Wolle erfolgt in der Regel mit Alaun. Das eigentliche Geheimnis der Resedafärbung besteht nun darin, dass dem Färbebad Kalk zugegeben wird. Erst dadurch entstehen intensive Gelbtöne. Nach der Kalkzugabe färbt man das vorgebeizte Material im heißen, leicht basischen Farbstoffextrakt. Dabei ist zu beachten, dass Wolle beim Färben im basischen Bereich beschädigt werden kann. Bei der Kalkzugabe darf nur kurz gefärbt werden und der Extrakt darf auch nicht zu heiß sein. Ein Grün kann durch vorsichtiges Überfärben in einer verdünnten Indigoküpe erreicht werden. Beim Überfärben in einem stark verdünnten Blauholzextrakt erhält man ein Olivgrün. Durch Nachbeizen mit Kupfer(II)-sulfat erhält man ein Gelbgrün, durch Nachbeizen mit Eisen(II)-sulfat ein Olivbraun. Wird bei der Herstellung des Färbebads wenig Krapp zugegeben, erscheint das Gelb wärmer.

Resedafärbungen auf Wolle

Färbungen mit Resedakraut auf mit Alaun gebeizter Wolle:
Färbung (1), mit Kalk (2), Überfärbung mit Indigo (3), mit Blauholz (4),
Nachbeize mit Kupfer(II)-sulfat (5), Nachbeize mit Eisen(II)-sulfat (6)


Schutzstatus und Vergleich mit anderen Arten

Wildwachsende Pflanzen der Färber-Reseda sind in bestimmten Gebieten geschützt. Sie können mit der verwandten und ebenfalls gelb blühenden Art Gelbe Reseda Reseda lutea L. verwechselt werden. Diese Wildpflanze wird nur bis zu 60 Zentimeter hoch. Die Blätter sind dreiteilig bis gefiedert, die Blütenstände erscheinen viel gedrungener, die Blüten sind sechszählig. Die länglichen Kapselfrüchte dieser Art sind mit zwölf Millimeter Länge und sechs Millimeter Breite deutlich größer. Die Gelbe Reseda wird auch Gelber Wau genannt, sie ist ebenfalls als Färberpflanze geeignet und wurde immer wieder auch so verwendet.


Fotos zur Färber-Reseda

Bild vergrößern! ZoomReseda: Oberer Teil der Blütenstände.
Bild vergrößern! ZoomReseda: Einzelner Blütenstand, oberer Teil.
Bild vergrößern! ZoomReseda: Blütenstand mit gestielten Blüten aus der Nähe.
Bild vergrößern! ZoomReseda: Fruchtstand mit reifen Samen im Oktober.
Bild vergrößern! ZoomReseda: Reife Samen in einer Makroaufnahme.
Bild vergrößern! ZoomReseda: Kraut der getrockneten Pflanze.
Bild vergrößern! ZoomLuteolin ist ein gelb färbender Farbstoff.
Bild vergrößern! ZoomGefärbtes Seidentuch: Krapp, Indigo, Reseda.
Bild vergrößern! ZoomFärbungen: Wolle mit Alaunbeize (links) + Kalk (rechts).
Bild vergrößern! ZoomÜberfärbung Indigo (links), Überfärbung Blauholz (rechts).
Bild vergrößern! ZoomNachbeize Eisen(II)-sulfat (links), Kupfer(II)-sulfat (rechts).


Darstellungen in alten Büchern

Die in London geborene Zeichnerin und Kupferstecherin Elizabeth Blackwell (1699–1758) gab in den Jahren 1737 und 1739 ein zweibändiges Werk mit handkolorierten Kupferstichen über die Pflanzen heraus. Dieses wurde aufgrund der hohen Qualität unter dem Namen „Blackwellisches Kräuterbuch" weltbekannt. Besonders die Darstellungen der Färberpflanzen haben bis heute überdauert. Ab 1747 folgte eine deutschsprachige Ausgabe in fünf Bänden, zu denen 1773 noch ein Ergänzungsband hinzukam.

Bild vergrößern! ZoomReseda im deutschen Blackwell Kräuterbuch 1747.
Bild vergrößern! ZoomReseda in Baxters British Phaenogamous Botany, 1837.

Der britische Botaniker und Kurator des Botanischen Gartens in Oxford William Baxter (1787–1871) gab zwischen 1834 und 1843 ein botanisches Werk mit dem Titel British Phaenogamous Botany heraus. In den sechs Bänden waren 509 handkolorierte Kupferstiche und die Beschreibungen der Pflanzen enthalten. Die Druckvorlagen erstellten der Glasmaler Isaac Russell und der Zeichner C. Matthews. Die Kolorierungen nahmen Baxters Töchter und Schwiegertöchter vor. Die beiden originalen Kupferstiche befinden sich im Besitz des Autors, der auch die Reproduktionen daraus erstellte.
© Thomas Seilnacht / Handbuch / Lizenz / Impressum / Datenschutz / Literaturquellen