Färber-Indigostrauch  Symmetrische Blüte
Indigofera tinctoria L.
Juli bis August, 2 bis 3 m
Hülsenfrüchtler  Fabaceae

Standort 

Liebt Wärme und Feuchtigkeit (saisonale Überschwemmungsgebiete) und durchlässige Gras- oder Sandböden; Straßenränder, Buschränder, Flussufer, Sandküsten.

Lebensdauer
Ausdauernde Pflanze.

Verwechslung
Andere Indigopflanzen der Gattung Indigofera, insbesondere der Himalaya-Indigostrauch (neuer Austrieb erfolgt spät im Jahr, Blatt mit bis zu 21 Blättchen, Flügel und Schiffchen verkümmert, Hülsenfrüchte gerade).
Bild vergrößern!LupeFärber-Indigostrauch: Blütenstände und Blätter.
LupeHimalaya-Indigostrauch.
Merkmale
Geschichte
Verwendung
Färben
Artenvergleich
Fotogalerie
Beschreibung
Merkmale

Der Färber-Indigostrauch wird oft auch nur als Indigo oder als Indigostrauch bezeichnet. Damit ist aber die Abgrenzung zum ähnlichen Himalaya-Indigostrauch oder zu anderen Indigopflanzen nicht gewährleistet. Der Halbstrauch wird zwei bis maximal drei Meter hoch, die aufrecht stehenden Stängel sind weit verzweigt und fein behaart. Die unpaarig gefiederten, bis zu 10 Zentimeter langen Blätter enthalten bis zu 15 verkehrt-eiförmige bis elliptische Blättchen, auch der Blattstiel und die Hauptachse der Blätter sind fein behaart. Es sind winzige Nebenblättchen vorhanden. Die Blüten bilden einen traubigen Blütenstand. Die zwittrigen Schmetterlingsblüten blühen rosarot, die Schiffchen haben einen kurzen Sporn. Der kurze Kelch ist ebenfalls behaart. Von den zehn Staubblättern steht eines frei, die anderen sind zu einer Röhre verwachsen, in der sich der Griffel befindet. Es entstehen drei bis vier Zentimeter lange, zur Seite gekrümmte Hülsenfrüchte mit jeweils sieben bis zwölf Samen. Diese erscheinen im Querschnitt rechteckig.


Geschichte

Die ursprüngliche Heimat des Färber-Indigostrauchs ist nicht bekannt. Er wächst in Afrika, Arabien, Indien, China, Südostasien und Australien, kultiviert wurde er in den US-Bundesstaaten South Carolina, Georgia und Louisiana, sowie in den tropischen Regionen Amerikas. Der Indigostrauch ist neben Krapp und Reseda einer der ältesten bekannten Färberpflanzen. Die ältesten Funde stammen aus einer steinzeitlichen Höhle in Frankreich. In Mumien der Ägypter, 2000 vor Christus, wurden mit Indigo gefärbte Bänder gefunden. In Europa gewann man den „König der Farbstoffe“ lange Zeit aus Färberwaid, einer Blütenpflanze aus der Familie der Kreuzblütler. Der in Thüringen produzierte „Waidindigo“ wurde nach Sachsen oder in die Tuchstadt Köln exportiert. Über die Hafenstädte Hamburg, Lübeck und Bremen gelangte er nach Holland und nach England.

Mit der Gründung der Ostindischen Handelsgesellschaft im Jahr 1602 durch die Holländer war der Untergang des europäischen Waids besiegelt: Die holländischen Seefahrer begannen, Indigo aus Indien zu importieren. Die asiatische Indigopflanze zeichnete sich durch eine höhere Farbausbeute aus. Dadurch war der Farbstoff preisgünstiger herzustellen. Zur Stützung des einheimischen Waidhandels wurden zunächst Verbote erlassen, die die Einfuhr und die Weiterverarbeitung des indischen Indigos verhindern sollten. In Nürnberg drohte einem Färber sogar die Todesstrafe, wenn er sich nicht daran hielt. Im 17. Jahrhundert, nach einem langen Konkurrenzkampf, setzte sich jedoch der indische Indigo aufgrund seines höheren Farbstoffgehalts endgültig durch.

Das Jahr 1878 brachte für den Handel mit Indigo eine entscheidende Wende, da dem deutschen Chemiker Adolf von Baeyer die erste künstliche Herstellung von Indigo gelang. Ab 1897 kam dieser synthetische Indigo durch die Badische Anilin- und Sodafabrik (BASF) in Ludwigshafen zu einem sehr günstigen Preis in den Handel.


Verwendung

Die Pflanze wird zur Herstellung des Farbstoffs Indigo verwendet. Mit den Blättern lassen sich – zusammen mit Henna – auch Haare färben, dabei wird eine Farbtönung von Dunkelbraun bis Schwarz erreicht. In Indien dienen die Blätter auch als stickstofflieferndes Düngemittel für Kaffee-, Reis- oder Zuckerrohrplantagen. In einigen Ländern Afrikas und in Indien werden die Blatt- oder Wurzelextrakte als Heilmittel bei nicht heilenden Wunden, bei Schlangenbissen und Insektenstichen oder zur Linderung von Zahnschmerzen eingesetzt. Nach neueren Erkenntnissen wirken die Inhaltsstoffe des Indigos als Entgiftungsmittel für die Leber.


Farbstoff und Färbetechniken

In den Blättern und Stängeln befindet sich Indican als Vorstufe zum Farbstoff Indigo, der Textilien blau färbt. Die Pflanzenteile werden zur Blütezeit abgeschnitten und in großen Behältern mit Wasser bedeckt und der Gärung überlassen. Dabei bildet sich aus dem wasserlöslichen, gelben Farbstoff Indican durch eine Oxidation mit Luft dunkelblaues, wasserunlösliches Indigo. Dieses wird nach der Trocknung in Blöcke geschnitten und gelangt so in den Handel. Der Umwandlungsprozess wird noch durch das Schlagen mit Stöcken und Schaufeln beschleunigt, wodurch viel Luft an die Farbstofflösung gelangt.

Indigo ist ein Küpenfarbstoff. Zum Färben werden die Indigoblöcke pulverisiert und mit wenig Natronlauge und einem Verküpungsmittel wie Natriumdithionit in eine wasserlösliche und gelbe Vorstufe umgewandelt. In die so hergestellte Küpe werden die Textilstücke getaucht, die sich vorerst gelb färben. An der Luft wandelt sich der gelbe Farbstoff „Indigoweiß“ auf den Textilstücken dann schließlich wieder zum blauen Indigo um. Auf diese Art und Weise werden noch heute die Jeans gefärbt. Eine verdünnte (oder leicht verbrauchte) Indigoküpe kann zum Überfärben von Gelbfärbungen benutzt werden. So erhält man ein relativ sattes Grün. Beim dezenten Überfärben von alaungebeizten Cochenillefärbungen erhält man ein dunkles Blauviolett. Will man eine Indigofärbung mit Cochenille überfärben, muss die (eher hellblau) gefärbte Wolle mit Alaun nachgebeizt werden. Erst dann erfolgt die Überfärbung mit einem Cochenilleextrakt. So erhält man ein brillantes Rotviolett. Beim Färben mit Indigo sind gut organisierte Schutzmaßnahmen zu treffen.


Verküpung

Küpenfärbung: Prozess der Verküpung (Reduktion) und der Färbung (Oxidation an der Luft)


Vergleich mit anderen Arten

Der Färber-Indigostrauch kann mit anderen Indigopflanzen aus der Gattung Indigofera verwechselt werden. Es existieren weltweit insgesamt ungefähr 700 Indigo-Arten. Ähnlich ist der Himalaya-Indigostrauch Indigofera heterantha Wall. ex Brand.. Dieser Strauch wächst auch in den europäischen Gärten als Zierpflanze. Er kann den Winter unterirdisch überleben. Bei Frost sterben alle Blätter ab, die Pflanze treibt im neuen Jahr wieder neu aus. Der Austrieb erfolgt relativ spät, manchmal erst im Frühsommer. Die gefiederten Blätter können bis zu 21 Blättchen enthalten. Bei den purpurroten Schmetterlingsblüten sind die Flügel und das Schiffchen verkümmert. Die Hülsenfrüchte sind gerade oder nur wenig gekrümmt. Der Himalaya-Indigostrauch kann ebenfalls zur Herstellung von Indigo verwendet werden.


Fotos

Bild vergrößern! ZoomHimalaya-Indigostrauch: Blüten und gefiedertes Blatt.
Bild vergrößern! ZoomDie Hülsenfrüchte des Himalaya-Indigostrauchs sind gerade.
Bild vergrößern! ZoomNatürlich gewonnener Indigo zu einem Block gepresst.
Bild vergrößern! ZoomKoffer mit zu Blöcken gepresstem Indigo.
Bild vergrößern! ZoomSynthetisch und natürlich hergestellter Indigo.
Bild vergrößern! ZoomKüpenfärbung eines Seidentuchs mit Indigo.
Bild vergrößern! ZoomSeidentuchbatik mit Indigo durch Küpenfärbung gefärbt.
Bild vergrößern! ZoomJeansbekleidung aus Baumwolle mit Indigo gefärbt.
Bild vergrößern! ZoomIndigofärbungen auf Wolle mit verschiedenen Abstufungen.
Bild vergrößern! ZoomIndigo über Reseda (links), Cochenille über Indigo (rechts).


Darstellungen in alten Büchern und Publikationen

Die Hausbücher der Mendelschen und Landauerschen Zwölfbrüderstiftungen beschreiben alle wichtigen Handwerksberufe vom 15. bis zum 19. Jahrhundert. Darin enthalten sind mehr als ein Dutzend Darstellungen der Färber und Gerber. Die Abbildung unten zeigt den Färber Hans Schramm im Jahr 1689 beim Blaufärben. Ob er mit dem Indigo aus dem Färberwaid oder mit indischem Indigo färbt, ist nicht mehr bekannt. Er trägt eine mit Krapp gefärbte Schürze. Das Original befindet sich in der Stadtbibliothek im Bildungscampus Nürnberg, es stammt aus dem zweiten Mendelschen Hausbuch, Amb. 317b.2°, Folio 187 verso.

Bild vergrößern! ZoomHans Schramm beim Blaufärben, Hausbuch Mendel 2, 1689.
Bild vergrößern! ZoomIndigopflanze im Blackwell-Kräuterbuch 1747.
Bild vergrößern! ZoomIndigoplantage in Mallets Description de L'Univers um 1700.
Bild vergrößern! ZoomSchlagen des Indigos, in Illustrated London News, 1869.

Die in London geborene Zeichnerin und Kupferstecherin Elizabeth Blackwell (1699–1758) gab in den Jahren 1737 und 1739 ein zweibändiges Werk mit handkolorierten Kupferstichen über die Pflanzen heraus. Dieses wurde aufgrund der hohen Qualität unter dem Namen „Blackwellisches Kräuterbuch" weltbekannt. Besonders die Darstellungen der Färberpflanzen haben bis heute überdauert. Ab 1747 folgte eine deutschsprachige Ausgabe in fünf Bänden, zu denen 1773 noch ein Ergänzungsband hinzukam.

Alain Manesson-Mallet (1630–1706) war ein französischer Kartenzeichner und Ingenieur. Er diente in der Armee des französischen Königs Ludwig XIV. Ab 1683 gab er ein universales Werk mit dem Titel Description de L'Univers („Beschreibung des Universums“) heraus, das die fremden Länder beschrieb und sämtliche Karten der Welt und des Himmels enthielt. Das Werk wurde bis zum Anfang des 18. Jahrhunderts in mehreren Auflagen publiziert. Bekannt daraus ist der Kupferstich, der die Indigoernte auf einer Plantage in Indien zeigt. Die Grafik daneben stammt aus einem Artikel über Indigo auf Seite 392 in der Zeitung The Illustrated London News vom 16. Oktober 1869. Diese drei Originalblätter befinden sich im Besitz des Autors, der auch die Reproduktionen daraus erstellte.

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