Färben mit Naturfarbstoffen |
Das Färben mit Naturfarbstoffen ist
eine sehr interessante Beschäftigung, die man in einem begrenzten
Rahmen auch zu Hause oder an einer Schule durchführen kann.
Dafür benötigt es Experimentiererfahrung und Grundkenntnisse
über die verwendeten Stoffe und Materialien. Die Rohstoffe sind in
Drogerien und Apotheken oder im Internet, zum Beispiel bei Kremer
Pigmente erhältlich.
Schutzausrüstung
Beim Färben sind geeignete Schutzmaßnahmen zu treffen. Schutzbrille, Schutzhandschuhe und ein Arbeitskittel werden immer getragen! Es ist für eine gute Raumlüftung zu sorgen, gegebenenfalls muss auch ein Mundschutz getragen werden. Dies gilt vor allem auch bei der Freisetzung von Farbstoffstäuben. Am besten färbt man im Freien.
Arbeitsgeräte und Chemikalien Zum Vorbereiten der Textilien und für den eigentlichen Färbeprozess benötigt es geeignete Geräte wie Stahltopf, elektrische Heizplatte, Waage, Sieb zum Sieben, Leinentücher oder grobmaschiges Filterpapier zum Filtrieren, Thermometer, Wecker, Tiegelzange oder Wäschezange, Mörser mit Pistill, Spatel, Löffel, Messbecher oder Messzylinder, Rührstab oder Rührlöffel, Bechergläser in verschiedenen Größen, Messer, Schere und Garn zum Abbinden von Seidentüchern. Als Beizmittel für Wolle und Seide benötigt man Alaun, Eisen(II)-sulfat und Weinstein. Zinn(II)-chlorid wird weiter unten zwar erwähnt, es wird aber nicht mehr empfohlen, da es Allergien verursachen kann und die Entsorgung problematisch ist. Chromate sind generell verboten. Kalk (gepulvertes Calciumcarbonat) ist ein „Farbverstärker“ für Färbungen mit Reseda oder mit Färberginster. Für einen Sodauszug und die Neutralisation braucht man Natriumcarbonat-Decahydrat, Weinsäure und pH-Papier. Brennsprit wird nur für die Färbungen mit Alkanna und Indigo benötigt. Natriumdithionit und Natronlauge dienen zur Verküpung beim Färben mit Indigo. Beizen der Textilien Es existieren einige wenige Naturfarbstoffe wie Annatto oder Birkenrinde, die direkt in wässriger Lösung färben, ohne dass dafür eine Vorbehandlung notwendig ist. In der Praxis wird das Textilmaterial jedoch meistens vorbehandelt. Damit ein Beizenfarbstoff dauerhaft auf den Textilgeweben haftet, müssen die Stoffe vor dem eigentlichen Färben vorgebeizt werden. Beizmittel wie Alaun machen die Textilfasern beim Beizen erst aufnahmefähig für Farbstoffe. Beim Beizen werden Garne oder Seidentücher in eine heiße Alaun-, Weinstein-, Eisen(II)-sulfat- oder Zinn(II)-chlorid-Lösung getaucht. Die Beizmittel werden manchmal auch untereinander beim Beizen gemischt, zum Beispiel Alaun mit Eisen(II)-sulfat im Verhältnis 1 : 1, so erhält man beim Färben mit Birkenblättern ein Olivgrün. Das Beizen mit Kaliumdichromat ist heute aus gutem Grund verboten, denn der Stoff ist stark krebserzeugend. Für 100 Gramm Wolle werden 15 bis 25 Gramm Alaun, 15 Gramm Weinstein oder 2 Gramm Zinn(II)-chlorid als Beizmittel benötigt. Das Beizmittel wird in 4 Liter Wasser aufgelöst. In etwa gelten diese (und die Mengenangaben beim Färben) auch für Seidentücher. Die Mengenangaben können bei kleinen Ansätzen entsprechend heruntergerechnet werden. Das Beizmittel wird im Wasser unter Rühren bis zum Sieepunkt des Wassers aufgeheizt und bis es sich vollständig gelöst hat. Der Vorgang des Beizens findet nicht im siedenden Wasser statt, sondern nur im heißen Wasser unter gelegentlichem Umrühren. Manche Rezepte nennen eine Zeitdauer von einer Stunde für das Beizbad, bei kleineren Ansätzen reichen auch 15 Minuten. Nach dem Beizen wird die Wolle mit einer Tiegelzange oder einer Wäscheklammer herausgenommen und unter fließendem Wasser gut ausgewaschen. Jetzt ist die Wollfaser offen für den Farbstoff. Daher darf das zu färbende Material bis zum Färben mit keinem Farbstoff in Berührung kommen. Man kann es nass oder auch trocken in einem Plastikbeutel aufbewahren. Färben von Wolle und Seide
Zum Färben werden bestimmte Pflanzenteile zunächst gesammelt, getrocknet und zerkleinert. Nach den traditionellen Rezepturen wird das Pflanzenmaterial mindestens für einen Tag im Wasser eingelegt. Allerdings ist das heute nicht mehr unbedingt notwendig, da leistungsfähige Heizplatten zur Verfügung stehen. Im heißen Wasser beschleunigt sich der Extraktionsprozess erheblich. Für Färbeexperimente mit wenig Material reicht oft schon eine Viertelstunde, um den Hauptteil des Farbstoffs im siedenden Wasser herauszuholen. Manche Farbstoffe können allerdings genau dadurch zerstört werden. Früher arbeitete man extrem sparsam und effizient. Es wurde kein Gramm eines Farbstoffes verschwendet. Das gebrauchte Färbebad verwendete man für Nachfärbungen. Nach der Extraktion wird das Pflanzenmaterial mit einem feinen Sieb herausgesiebt oder man filtriert das ganze durch ein Leinentuch (Schutzhandschuhe!). Bei kleinen Ansätzen reicht dafür ein Geschirrtuch. Zum Färben von 100 Gramm Wolle benötigt es ungefähr 4 Liter Wasser. Für weniger gut färbende Pflanzen wie Goldrute, Rainfarn oder Schafgarbe werden 400 Gramm des Krauts eingesetzt, bei der Reseda oder beim Färberginster reichen auch 200 Gramm, bei Henna und Färberdistel 100 Gramm. Blauholz oder Cochenille färben sehr stark, da reichen sogar 15 Gramm pro 100 Gramm Wolle, bei der Krappwurzel sind 25 bis 50 Gramm ein ungefährer Richtwert. Die optimale Temperatur hängt vom Farbstoff ab: Bei der Krappwurzel wird die Temperatur im Färbebad zum Beispiel zwischen 70 und 80 °C konstant gehalten. Manche Farbstoffe sind vom pH-Wert abhängig, andere wie das Alkannin können sich bei zu hohen Temperaturen zersetzen. Eine hohe Bad-Temperatur beschleunigt zwar den Färbeprozess, aber zur Schonung der Wolle wird nicht bis zum Siedepunkt erhitzt, weil die Wollfasern verfilzen können. Man kann das Färbegut auch schon nach kurzer Zeit herausholen, sobald die gewünschte Farbintensität erreicht ist. Insbesondere bei stark färbenden Farbstoffen wie beim Blauholz oder bei der Küpenfärbung mit Indigo kann es sehr schnell gehen. Damit der Farbstoff jede Wollfaser erreicht, wird das zu färbende Material leicht bewegt. Falls man das aber zu intensiv durchführt, besteht wiederum die Gefahr, dass die Wollfasern verfilzen. Ein alter Trick der Färber ist die Zugabe von wenig gepulvertem Kalk (Calciumcarbonat) bei Färbungen mit gelben Pflanzenfarbstoffen auf der Basis des Luteolins. Bei Direktfärbungen mit Annatto, mit Birkenrinde oder mit Flechten wie Islandmoos oder Eichenmoos kocht man das Pflanzenmaterial in einer stark verdünnten Sodalösung für mindestens 15 Minuten (oder mehr) und neutralisiert den Auszug nach dem Absieben der Pflanzenreste mit Weinsäure. Dabei schäumt es stark auf. Bei Annatto und bei den Flechten färbt man bei pH=7 oder knapp unterhalb davon. Bei der Birkenrinde ergeben sie je nach pH-Wert unterschiedliche Rotnuancen. Es ist zu beachten, dass der pH-Wert nicht unter 5 und auch nicht über 9 liegen sollte, weil die Wolle sonst angegriffen wird. Direktfärbungen erfolgen meistens im ganz heißen Färbebad oder beim Sieden. Das Farbstoffbad muss während einer Direktfärbung ständig heiß gehalten werden. ![]() Zur Herstellung von Batiken auf Seidentüchern werden diese nach dem Beizen und vor dem Färben gefaltet oder eingerollt und mit Abbindegarn abgebunden. Dadurch gelangt der Farbstoff beim Färben nicht an alle Stellen, diese bleiben hell. Die herausgenommene Wolle oder die Seide werden unter fließendem Wasser gut ausgewaschen und ausgewrungen. Danach werden die abgebundenen Seidentücher geöffnet. Zur Trocknung wird das gefärbte Material in einem warmen Raum oder im Freien aufgehängt. Überfärben und Nachbeizen
Die Farbe Grün ist im Pflanzenreich allgegenwärtig. Man könnte theoretisch auch mit dem Chlorophyll färben, allerdings lässt sich dieses nur schwierig isolieren und vor allem ist die Färbung nicht lichtecht, wenn das Chlorophyll biologisch nicht mehr aktiv ist. Daher muss man Tricks anwenden, es existieren mehrere Möglichkeiten: 1. Gelbfärbungen mit Reseda oder Färberginster werden mit einer dezenten Indigofärbung blau überfärbt. Dabei wird eine relativ stark verdünnte Indigoküpe eingesetzt. Diese Methode erzeugt das brillanteste Grün. Auch ein leuchtendes Helltürkis ist möglich. Man kann so die Reste einer größtenteils verbrauchten Küpe noch verarbeiten. ![]() Färbungen mit Resedakraut auf mit Alaun gebeizter Wolle: Färbung (1), mit Kalk (2), Überfärbung mit Indigo (3), mit Blauholz (4), Nachbeize mit Kupfer(II)-sulfat (5), Nachbeize mit Eisen(II)-sulfat (6). 2. Ein weitere Möglichkeit ist die Verwendung einer Metallbeize wie Kupfer(II)-sulfat, womit ebenfalls grüne Farben erzielt werden. Kupfer(II)-sulfat wirkt innerlich eingenommen toxisch, es verätzt die Augen und die Haut, es ist umweltschädlich und muss aufwändig entsorgt werden. Aus diesen Gründen wird das Beizen mit Kupfer(II)-sulfat nicht mehr empfohlen. Beim Beizen oder Nachbeizen mit einer Eisen(II)-sulfat-Lösung erhält man ebenfalls olivgrüne bis grünbraune Farbtöne. Achtung, auch Eisen(II)-sulfat-Lösungen wirken ätzend! 3. Enthalten die Pflanzenmaterialien Anthocyane, kann man sich den pH-Wert zu Nutze machen. So unglaublich es klingt: Mit rotvioletten Zwiebelschalen kann man Wolle olivgrün färben. Während die braunen Zwiebelschalen hauptsächlich das goldgelb bis braungelb färbende Quercetin enthalten, sind in den roten Zwiebelschalen neben dem Quercetin auch noch rot bis blau färbende Anthocyane enthalten. Zuerst wird alaungebeizte Wolle wie üblich im heißen, wässrigen Extrakt aus den roten Zwiebelschalen gefärbt. Man erhält ein grünliches Braun. Nach dem Herausnehmen der Wolle gibt man etwas gepulverten Kalk in das Färbebad, wodurch der pH-Wert ganz wenig ins Alkalische geht. Beim Eintauchen färbt sich die Wolle olivgrün. Alle Abfälle mit Metallsalzen oder mit toxischen und umweltgefährlichen Stoffen müssen als Sondermüll entsorgt werden, sie dürfen nicht in den Abfluss geschüttet werden. Beim Beizen und Färben ist stets so zu arbeiten, dass die eingesetzten Chemikalien und Farbstoffe fast vollständig verbraucht werden. Färben mit Küpenfarbstoffen
Indigo zählt zu den Küpenfarbstoffen. Der Färber-Indigostrauch und auch der Färber-Waid enthalten in ihrem Saft einen gelben, wasserlöslichen Farbstoff, der durch Gärung mit Hilfe von Urin in Bodengruben zu dem wasserunlöslichen, blauen Indigo-Farbstoff umgewandelt werden kann. Beim Eintrocknen der Gruben enthält man eine feste blaue Masse, die zu Blöcken für Handel und Transport verarbeitet wird.
Zum
Färben werden die Indigoblöcke pulverisiert und zusammen mit wenig Natronlauge mit einem
Verküpungsmittel wie Natriumdithionit wieder in die ursprüngliche wasserlösliche
und gelbe Form gebracht. In die so hergestellte Küpe werden die Textilstücke
getaucht, die sich vorerst gelb färben. An der Luft wandelt sich
der gelbe Farbstoff auf den Textilstücken dann schließlich wieder
zum blauen Indigo um. Auf diese Art und Weise werden noch heute die Jeans
gefärbt, sofern noch echter, pflanzlicher Indigo verwendet wird.
Zum Färben von 100 Gramm Wolle oder Seide benötigt es für eine mittlere Intensität 1 Gramm natürliches oder synthetisches Indigopulver. Im ersten Ansatz wird das Pulver in einem 250ml-Becherglas mit 10 ml Brennspiritus angefeuchtet und mit 50 ml 3%-iger Natronlauge vermischt. In einem zweiten Ansatz löst man in einem 600ml-Becherglas 50 ml 3%-ige Natronlauge in 300 ml Wasser. Nach dem Vermischen der beiden Ansätze werden 10 g des Verküpungsmittels Natriumdithionit hinzugegeben. Unter ständigem Umrühren wird auf 60 bis 70 °C erwärmt. Die Verküpung erkennt man an der durchscheinenden Gelbfärbung der Lösung. ![]() sie erhalten erst an der Luft ihre indigoblaue Farbe.
Die Küpe wird nun im Färbetopf mit heißem Wasser
verdünnt, bis vier Liter erreicht sind. Darin lässt sich
die Wolle bei ungefähr 50 bis 60 °C färben.
Verdünnt man nicht, wird die Wollfaser durch die Natronlauge
angegriffen, so dass sie sich zersetzt. Die Seidenfaser ist etwas stabiler. Beim Herausnehmen der
Wolle oder der Seide erscheinen diese zunächst gelb, dann grün
und zum Schluss, wenn der Oxidationsprozess an der Luft vollständig
erfolgt ist, sind die Textilien indigoblau. Sie müssen gut unter
fließendem Wasser und unter Zugabe eines Tensids ausgewaschen oder
ausgewrungen werden, bevor man sie trocknet. |
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