Merkmale
Der Gemeine Lein ist eine bis zu 80 Zentimeter hoch wachsende, einjährige Pflanze, die überall kahl ist. Sie hat eine Pfahlwurzel mit sehr feinen Seitenwurzeln. Jeder Stängel steht aufrecht und einzeln, im oberen Teil ist er verzweigt. Die wechselständig sitzenden Blätter haben eine lineal-lanzettliche Form mit glattem Rand, sie sind dreinervig und nicht behaart. Die fünfzähligen Blüten bilden einen rispenartigen Blütenstand. Ihr Durchmesser beträgt ungefähr zweieinhalb Zentimeter. Die fünf grünen Kelchblätter sitzen auf der Rückseite der Blüte, sie sind mit durchschnittlich sechs Millimeter Länge viel kürzer als die himmel- bis violettblauen Kronblätter, sie haben dunkle Adern, selten erscheinen sie weiß. Die fünf violettblauen Staubblätter mit ihren gelblichen Staubbeuteln überragen die fünf freien Fruchtblätter mit ihren Griffeln und den keulenartigen Narben.
Als Frucht entsteht eine kugelige und kurz geschnäbelte Kapsel, die in jedem ihrer fünf Fächer zwei rundliche Samen enthält. Diese erreichen vier bis fünf Millimeter Länge, und sie sind maximal drei Millimeter breit. Ihre Farbe variiert von einem Hellgelb bis zu einem dunklen Braun. Die Samen besitzen einen hohen Ölgehalt, der fast die Hälfte des Gesamtgewichts betragen kann. Das Öl ist reich an ungesättigten Fettsäuren und an Omega-3-Fettsäuren, die für die menschliche Ernährung sehr wertvoll sind.
Geschichte
Lein wurde schon in der Steinzeit als Öllein oder als Faserlein angebaut. Der Artname leitet sich vom lateinischen Wort
linum („Faser“) ab. Die Aussaat und die Ernte lässt sich auf altägyptischen Wandmalereien nachlesen. Das lufttrocknende Öl aus den Leinsamen ist seit langem ein beliebtes Bindemittel für Pigmente. Die vier bis sechs Zentimeter langen Bastfasern des Stängels werden gekämmt und zu textilen Fasern verarbeitet, die außerordentlich reißfest sind.
Hildegard von Bingen empfiehlt Leinsamenpackungen zum Auflegen auf Brandwunden oder bei Seitenschmerzen. Für Sebastian Kneipp hat der Lein zur Schmerzstillung und zur Linderung von entzündlichen Erkrankungen im Verdauungsbereich große Bedeutung. In der Volksmedizin dient der Lein als Mittel gegen Blasenentzündungen, Husten und Furunkel. Das aus den Samen gewonnene Leinöl wirkt abführend und ist aufgrund seiner cholesterinsenkenden Wirkung heute ein wertvolles Speiseöl.
Heilwirkung
Die in den Samenschalen vorkommenden Schleimstoffe und die enthaltenen Ballaststoffe regen die Darmtätigkeit an und wirken so bei chronischer Verstopfung. Durch die kürzere Verweildauer des Stuhls im Darm wirken Leinsamen der Entstehung von Darmkrebs entgegen. Die Inhaltsstoffe wirken auch bei einer Magenschleimhautentzündung oder bei Entzündungen im Mund- und Rachenraum günstig.
Anwendung
Die Samen werden ab September gesammelt und geschrotet. Die Tagesdosis beträgt bei einem Erwachsenen zwei bis drei mal einen Teelöffel pro Tag. Zu beachten ist, dass solche Kuren nicht für alle Personen geeignet sind. Es muss gleichzeitig auf genügend Wasser- und Mineralstoffzufuhr geachtet werden.
Fotos

Gemeiner Lein: Gruppe mit Pflanzen; Blüten und Blätter.

Gemeiner Lein: Blüte von hinten mit Knospen.


5 Staubblätter mit Staubbeuteln, 5 Griffel mit Narben.

Gemeiner Lein: Kugelige Kapselfrüchte im Juli.

Gemeiner Lein: Noch nicht ganz reife Kapselfrüchte.


Leinöl und Leinsamen: Das Öl hat einen kräftigen Farbton.
Herstellung von Leinöl