Merkmale
Echter Hanf ist eine einjährige, krautige Pflanze mit einem tief reichenden Pfahlwurzelsystem. Die Hauptwurzel kann bis zu zwei Meter lang werden, dadurch ist die Pflanze gut verankert und kommt auch bei Trockenperioden an Wasser. Der aufrechte, leicht kantige Stängel ist oft hohl und mit kleinen Härchen besetzt. Für die industrielle Nutzung zur Herstellung von Schnüren und Seilen sind die außen liegenden Bastfasern aus dem Phloem von Bedeutung, während der Holzfaseranteil im Xylem weiter innen liegt. Die langen Blätter des Hanfs sind handförmig gefiedert, sie bestehen aus fünf bis zehn lanzettlichen Fiederblättchen mit einem gesägten Blattrand.
Die zweihäusige Pflanze besteht entweder aus Pflanzen mit nur männlichen oder mit nur weiblichen Blüten: Die männlichen Pflanzen haben im oberen Bereich rispig-lockere Blütenstände mit hängenden Pollensäcken an der Blüte (Foto oben rechts). Die Blüten der weiblichen Pflanzen (Foto oben links) entspringen aus den Blattachseln, die fädigen Narben ragen aus den kelchartigen Hochblättern (Brakteen) heraus. Diese enthalten bei der weiblichen Pflanze die höchste Konzentration an THC: Dort wird in den Harzdrüsen (Trichome) eine harzige Substanz produziert, die Cannabinoide wie THC und CBD, sowie Terpene enthalten. Es bilden sich Nussfrüchte, die oft als „Hanfsamen“ bezeichnet werden. Diese enthalten aber kein THC, aus ihnen wird Hanfsamenöl („Hanföl“) zu Speisezwecken gewonnen. Das Hanfsamenöl ist wie Leinöl auch als Bindemittel für Ölfarben geeignet. Der würzig-herbe bis süß-fruchtige Geruch der Pflanze wird vor allem durch die Terpene im Harz erzeugt. Der penetrant riechende Rauch (beim Rauchen von Cannabis) entsteht durch das Verbrennen der Pflanzenteile und durch die Freisetzung der Terpene.
Geschichte
Die Hanfpflanze mit ihren handförmig gelappten Blättern wird oft auch nur Cannabis genannt. Sie ist eine sehr alte Heilpflanze, die bereits im alten China eingesetzt wurde. Der chinesische Kaiser Shen Nung empfiehlt das Harz der weiblichen Pflanze bei zahlreichen Krankheiten wie Gicht, Malaria oder Verstopfung. Auch Hildegard von Bingen erwähnt den Hanf. Hanfsamen wurden bei archäologischen Ausgrabungen aus Schichten um 5500 vor Christus am Eisenberg bei Thüringen gefunden. Die Germanen setzten Hanf als rituelles Rauschmittel ein. Aus der Rinde der männlichen Pflanze gewinnt man Bast für Seile, Schnüre, Textilien oder Segeltuch. Aus dem Holz kann man Isoliermaterial oder sogar Papier herstellen. Aus der Nussfrucht lässt sich ein wertvolles Speiseöl pressen.
1963 gelang dem israelischen Chemiker Raphael Mechoulam (1930–2023) die Isolierung von CBD, das eine angstlösende und entzündungshemmende Wirkung besitzt, aber nur wenig psychoaktiv ist. 1964 isolierte er erstmals THC aus Cannabis. Dass es Cannabinoid-Rezeptoren im Gehirn gibt, wurde erst 1988 entdeckt. 1992 fand Mechoulam das passende Cannabinoid, das er „Anandamid“ in Anlehnung an das sanskritische Wort ananada („Glückseligkeit“) benannte. Experimente ergaben, dass das entdeckte Endocannabinoid Arachidonoylethanolamid beruhigend auf Schweine wirkt und als natürliches Cannabinoid im Gehirn vorhanden ist.
In vielen Lehrwerken über Heilpflanzen aus der zweiten
Hälfte des 20. Jahrhunderts erscheint der Hanf erstaunlicherweise
nicht, stattdessen wird er oft unter den Giftpflanzen aufgeführt.
Dies liegt vor allem daran, dass der Anbau der Pflanze und der Handel
mit der Droge verboten sind. Der Anbau als gezüchteter Faserhanf mit
einem Wirkstoffgehalt von weniger als 0,3 Prozent ist in Europa
erlaubt, aber in einigen Ländern genehmigungspflichtig. Seit 1997
setzt sich die Arbeitsgemeinschaft IACM für eine medizinische
Zulassung ein. Seit 2011 darf Hanf in Deutschland von Ärzten zu
medizinischen Zwecken eingesetzt werden.
Im Dezember 2021 beschloss die damalige Regierung, dass die kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene in Deutschland legalisiert werden soll. Per 1. April 2024 trat die Legalisierung mit dem Cannabisgesetz CanG in Kraft, Erwachsene dürfen in Deutschland mit bestimmten Einschränkungen Cannabis besitzen und konsumieren. In der Schweiz gilt zu diesem Zeitpunkt noch ein Verbot für Hanfprodukte mit einem THC-Gehalt über 1 %. Ein THC-Arzneimittel kann aber von einem Arzt für bestimmte Krankheiten verschrieben werden. Nach einem Beschluss des Bundesrates sind seit dem 15. Mai 2021 „Pilotversuche“ für den Eigenkonsum unter eidgenössischer Aufsicht möglich. In Österreich ist Cannabis zum Eigenkonsum nicht legalisiert. Als Ausnahme wird aber bei einem einmaligen Konsum von geringen Mengen die Strafverfolgung in einer ein bis zwei Jahre andauernden Probezeit auf Eis gelegt.
Wirkung
THC oder Δ9-Tetrahydrocannabinol ist das wirksamste Cannabinoid, das in der Hanfpflanze in Form der THC-Carbonsäure enthalten ist. Cannabinoide entstehen in der Pflanze durch eine Biosynthese aus Terpenphenolen. In der Hanfpflanze sind mehr als 100 weitere Cannabinoide enthalten, darunter auch Cannabidiol (CBD) mit einem Anteil von bis zu 40 % im Drogenextrakt. THC ist eine psychoaktive Droge, die Rauschzustände erzeugen
kann. Die getrockneten weiblichen Blüten und die darum liegenden Blätter werden in der Drogenszene „Marihuana“ oder „Gras“ genannt und geraucht. Als „Haschisch“ wird das gepresste Harz bezeichnet, das man aus den weiblichen Blüten gewinnen kann. Durch eine Extraktion der Blüten erhält man das rote Hanföl, das auch „Haschischöl“ oder „Cannabisöl“ genannt wird. Die männlichen Hanfpflanzen enthalten sehr viel weniger THC und sind für die Drogengewinnung nicht geeignet.
CBN (Cannabinol) und CBD (Cannabidiol) sind zwei weitere im Cannabis vorkommende Cannabinoide. CBN kommt vor allem in gealtertem Cannabis vor, im frischen Cannabis liegt es nur in Spuren vor. CBN ist nur schwach psychoaktiv, es ist in den meisten Ländern legal, während die Rechtslage beim CBD je nach Land unterschiedlich gehandhabt wird.
THC ist eine psychoaktive Droge, die Rauschzustände mit Euphorie und Halluzinationen erzeugen kann. Die wirksame Dosis liegt bei 15 bis 20 Milligramm. Todesfälle durch akute Vergiftungen sind sehr selten, da die tödliche Dosis relativ hoch liegt. Als Nebenwirkung können Herzrasen, Mundtrockenheit, Müdigkeit oder aber auch eine innere Unruhe auftreten. Bei jungen Menschen besteht die Gefahr, dass sie antriebslos werden und das Interesse an ihrer Arbeit oder an den täglichen Aufgaben verlieren. Durch den Konsum sieht der Gesetzgeber eine Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit, so dass Fahrverbote oder Führerscheinentzug drohen. THC steht im Verdacht fruchtschädigend zu wirken.
Zum Wirkstoff THC liegen neuerdings zahlreiche wissenschaftliche
Untersuchungen vor, die dem Stoff ein großes medizinisches
Potenzial bescheinigen. Die Cannabisprodukte zeigen positive Wirkungen
zum Beispiel bei Multipler Sklerose, bei Autoimmunkrankheiten wie Morbus
Crohn, bei Krebserkrankungen, bei Nebenwirkungen der Strahlentherapie
oder bei AIDS.
Strukturformeln der Cannabinoide